Von JOHANN MOLITOR (1656)
Betrübtes Vaterland! Netze Deine Wangen;
Denkt, Preußen, was mit euch damals vorgegangen,
Als man sechszehnhundert sechs und fünfzig zählte,
Und ein ergrimmter Feind euch empfindlich quälte.
So wie ein Adlerschwarm, kam in schnellen Heeren
Ein raues Herdenvolk, alles zu verzehren.
Unvermuthet sprengten wilder Barbarn Horden
Auf raschen Pferden an, um hier frey zu morden.
Die angeschürte Glut schlug in hellen Flammen
Gleich über Haus und Dorf, Kirch und Stadt zusammen.
Vieh, Gerät und Silber ward hierbey erbeutet,
Lind durch das ganze Land Fürcht und Nath verbreitet.
Sein scharfer Säbel hieb alles ohn Erbarmen;
Der Wütrich riß das Kind aus der Mutter Armen,
Die mit nassen Wangen kläglich nach ihm blickte
Und tiefe Seufzer nur zu den Wolken schickte.
Auf den Feldern irreten armer Waysen Haufen;
Bestürzet sah man sie durch einander laufen,
Und gleich jungen Vögeln, wenn sie sich zerstreuen,
Mit ängstlich baanger Stimm, nach den Aeltern schreyen.
0 Vater! riefen sie, laß dich von uns finden.
Geliebte Mutter, ach! kannst du so verschwinden?
Bis sie matt vom Weinen, matt von Frost und Darben,
Und alten Trosts beraubt, auf den Feldern starben.
Die Aeltern aber selbst lagen schon in Banden;
Zur Freyheit war für sie gar kein Weg vorhanden.
Niemand durfte hoffen' sie von Strick und Ketten
Der harten Dienstbarkeit je zu erretten.
Wie in dem Höllenpfuhl, hat an Händ und Füßen
Das arme Christenvolk Bande schleppen müßen.
Ehegatten mußten sich gezwungen scheiden,
Und so getrennt forthin allen Umgang meiden.
Sie wurden hingeschleppt in ein Land der Heyden,
Um Gram und Ungemach überhäuft zu leiden.
Als sie angelanget. hat man unverweilet
Den mitgebrachten Raub hier vergnügt vertheilet.
Die du zur Ehe nahmst, wird dein Weib nicht heißen;
Ein Fremder soll sie dir von der Seite reißen.
Häuser, die du bautest, werden ledig bleiben:
Denn in ein fernes Land wird man dich vertreiben,...